Eingestellt von - Montag, 10. August 2015 - Kommentare

Die Bronzezeit auf Sizilien


Der Übergang von der Kupfer zur Bronzezeit (2000-1250 v.Chr.) verlief auf Sizilien und den Äolischen Inseln fließend, und in beiden Regionen kam es zu einer immer stärkeren kulturellen und auch politischen Eigenständigkeit die zu massiven Veränderungen der sizilianischen Geschichte führte. Wo früher die Kulturen auf Sizilien und Äolien noch sehr parallel verliefen, zeichnete sich infolge massiver Einflüsse, diesmal aus dem Westen, von der Iberischen Halbinsel, ein tiefgreifender Unterschied ab. Auf Sizilien kam es zur "Castelluccio-Epoche" und auf den Äolischen Inseln zur "Capo-Graziano-Kultur". 

Die Äolischen Inseln scheinen während dieser Zeit sogar die zentrale Position im Mittelmeerhandel zwischen Ost und West eingenommen zu haben. Ihr Obsidian-Export, der schon seit Jahrhunderten ihre bedeutendste Wirtschaftsgrundlage war, verhilft zu einer Schlüsselposition im Handel, der bis zu den Britischen Inseln reichte, von denen vorwiegend Zinn importiert wurde. Ein Beleg für diesen weiten Handel sind minoisch-mykenische Keramiken, datiert auf 1600-1400 v.Chr., die an vielen Fundorten der Capo-Graziano-Kultur gefunden wurden.

Auf Sizilien entwickelt sich eine Kultur, die zwar lokale Besonderheiten aufweist, aber dennoch unverkennbare Gemeinsamkeiten hat. Neben keramischen Produkten liefert auch die Steinindustrie dieser Zeit beachtenswertes: sizilianische Produkte der Bronzezeit wurden auf Malta, in Lerna (Peloponnes) und selbst in Troja gefunden. In der kleinen Ortschaft Castelluccio wurden von P.Orsi auf einem Felsen Siedlungsreste mit viel Keramik, jedoch ohne Hinweis auf ein dörfliches oder urbanes Leben gefunden. Zum Ausgleich fand er dafür hunderte von "backofenförmigen" Felskammergräbern. Die Portalplatten dieser Grabkammern sind mit ihren einfachen Symbol-Ornamenten (hauptsächlich phallischer Form) die ältesten Steinskulpturen Siziliens.

Zu Beginn der Mittleren Bronzezeit (um 1400 v. Chr) scheint sich wieder ein tiefgreifender Wandel vollzogen zu haben, der sich wieder einmal an Hand der Keramikformen zeigt. Es wird abrupt mit den Traditionen der Capo-Graziano und der Castellucci-Kulturen gebrochen, und auf den Äolischen Inseln erscheint die Milazzo-Kultur, auf Sizilien die Thapsos-Epoche. Diese beiden Kulturen verlaufen wieder stärker verbunden als ihre Vorgänger.

Dieser Wandel hängt wahrscheinlich auch mit neuen Völkerwanderungen zusammen, jedoch wurden die bestehenden Siedlungen weder verlassen, noch wesentlich verändert. Viele Dörfer existierten durchgehend von der frühen bis zur späten Bronzezeit. Die ausgedehnten Handelsbeziehungen des Orients über die Ägäis, Sizilien und die Iberische Halbinsel bis hin nach England zur Wessex-Kultur zeigen sich unter anderem in einer ägyptischen Perlenkette (aus der Amenophis Dynastie 1364-1347 v.Chr.), die auf der Insel Salina gefunden wurde. Weiterhin finden sich Keramiken mit minoischen Linear-B-Schriftzeichen, die bisher nur in Knossos, Mykene und Pylos gefunden wurden. Thapsos, auf der kleinen Halbinsel Magnisi, nördlich von Syrakus liegend, ist heute völlig verlassen. Es war eines der bedeutendsten Siedlungsgebiete der Mittleren Bronzezeit, hinterließ aber auch nur spärliche Reste von Behausungen, aber viele Felskammergräber. Entsprechend der Geländebeschaffenheit gibt es zwei Typend von Gräbern: an den flachen, felsigen Küstenausläufern sind sie mittels eines Dromos zugänglich, die unmittelbar auf der Halbinsel liegenden dagegen mit Hilfe eines Einstiegsschachts.

Die Zeit zwischen 1250 v. Chr. und dem 8. Jh. v.Chr. war wohl für alle Mittelmeerkulturen eine dunkle Epoche, gezeichnet von kultureller Erneuerung, Völkerwanderung, Eroberungen und ständigen Territorialkämpfen. Wieder einmal zeigen Sizilien und die Äolischen Inseln wegen andersartiger Einflüsse stark unterschiedliche kulturelle Entwicklungen. Wieder gibt es Einwanderungswellen nach Sizilien, die aber diesmal namentlich bekannt sind: Ausonier, Morgeten, Elymer und Sikuler. Jedoch weiß niemand etwas genaues über die bereits bestehende Bevölkerung. Einzig darin, daß die Sikaner als Ureinwohner die Insel lange nach dem Kyklopen besiedelt haben sollen, herrscht Einigkeit in den antiken Quellen, angeführt von Thukydides. 

Die Wirren dieser Zeit belegen archäologische Funde, nach denen die Menschen plötzlich ihre seit Jahrtausenden ertragreichen Küstenländereien verlassen, um ins karstige Gebirge umzusiedeln. Alle neuen Siedlungen scheinen in erster Linie zum Zweck der Verteidigung erbaut zu sein. Während sich auf den Äolischen Inseln die Ausonische Kultur herauskristallisiert, wird die Pantálica-Kultur zum gemeinsamen Nenner Siziliens. 

Neben Pantálica finden sich auch in Cassibile, Dirrueri, Finocchita u.a. weitgehend identische Ansammlungen von Tausenden von Felsgräbern. Die Funde lassen sich von der späten Bronzezeit bis zur Eisenzeit in vier deutlich abgegrenzte Phasen einordnen. Außerdem finden sich nach wie vor Einflüsse aus der mykenischen Welt in Keramiken als auch verschiedenen Kleinbronzegeräten. Auch architektonische Beweise für die Verbindung zwischen Sizilien und dem frühen Griechenland liefert die letzte Pantálica-Epoche. Mitten im Zentrum des schwer zugänglichen, auf Verteidigung ausgerichteten Siedlungsgebietes liegt der Palast eines Stammesfürsten, der sowohl in der Grundriss Gestaltung als auch in der Mauerwerkstechnik den mykenischen Anlagen der Peloponnes verblüffend ähnelt. 

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