Eingestellt von - Mittwoch, 6. Januar 2016 - 10 Kommentare

Wie der Italiener zum Sizilianer wurde

Der Italiener der zum Sizilianer wurde

In Deutschland geboren und seit fast 4 Jahrzehnten auf der Suche nach meinen sizilianischen Wurzeln. Statt immer nur von Sizilien zu berichten möchte ich hiermit ein wenig über das Sizilien und Deutschland in mir berichten. Es waren 40 Jahre und so einige Ereignisse nötig um zu verstehen wo ich zuhause bin, auf Sizilien oder in Deutschland, dieser Artikel ist der Abschluss eines langen Lebensabschnittes und der Anfang eines neuen.

Als ich als jugendlicher in Deutschland lebte wurde ich oft gefragt woher ich denn aus Italien kommen würde, eine schwierige Frage war das, ich komme aus Neuss hätte sicher keinen zufrieden gestellt oder? Also antwortete ich das meine Eltern aus Sizilien gekommen sind und ich hier in Deutschland geboren wurde. Allein das Wort Sizilien zu erwähnen war zu dieser Zeit für die meisten Menschen ein Grund an den Paten zu denken und so war ich für viele von da an der Sizilianer, obwohl ich eigentlich in Deutschland geboren wurde. Dabei sah ich nicht mal typisch sizilianisch aus. Ich habe blaue Augen und als Kleinkind war ich noch so blond wie ein Schwede.  Ich kenne viele Deutsche die eher als Sizilianer durchgehen würden als ich. Wie allerdings sieht denn der typische Sizilianer aus? Hat er dunklere Haut, schwarze Haare und braune Augen? Ja zum Teil, im westlichen Sizilien das von der arabischen Epoche stärker dominiert wurde ist das bis heute noch so. Im östlichen Teil, der mehr von der griechisch-normannischen Epoche geprägt wurde gibt es jede Menge Sizilianer mit blonden Haaren und blauen oder grünen Augen.  Meine Mutter ist blond, mein Opa, mein Urgroßvater war blond und so weiter. Vielleicht erklärt diese normannische Blutsader auch wieso es meinen Opa Ende der 60er Jahre nach Deutschland verschlug, naja das erfahren wir sicher irgendwann wenn die Genforschung soweit ist. Ich habe jedenfalls nie die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen, ich war stolz ein Italiener zu sein, zu einem Sizilianer machten mich allerdings immer nur die anderen.

Einige Jahre später, genauer gesagt war es 2001, verließ ich Deutschland auf ungewisse Zeit, ich wollte die Insel erkunden, nicht als Urlauber wie in den Jahren zuvor, nein ich wollte mehr wissen und dafür nahm ich mir Zeit, ein Jahr sollte es werden, es wurden zwei. Was allerdings viel wichtiger ist, man nannte mich dort Il Tedesco, den Deutschen. Mit meinen hellen Haaren, den blauen Augen und meiner recht deutsch geprägten italienischen Ausdrucksweise taufte man mich dort den Deutschen. Einige nannten mich auch l’Avvocato, den Anwalt, das liegt an meiner bis heute erhaltenen Rechtschaffenheit.

In Deutschland war ich der Sizilianer, auf Sizilien war ich der Deutsche, aber das ist noch nicht alles und auch sicherlich nicht der einzige Grund wieso ich diesen Artikel schreibe, es geht weiter. Auf Sizilien sagte man mir „was zum Teufel hat dich animiert Deutschland zu verlassen und nach Sizilien zu kommen, in Deutschland gibt es mehr Arbeit und alles funktioniert…“ Als ich 2003 nach Deutschland zurück kehrte fragten mich meine Freunde „wieso bist du denn nicht dageblieben wo andere ihren Urlaub verbringen, das ist doch das Paradies auf Erden…“

Ehrlich gesagt fragte ich mich auch wieso ich nicht auf Sizilien geblieben bin, ich habe mich dort wohl gefühlt, wie zuhause, so war das in Deutschland nie der Fall gewesen, zumindest nicht so, aber anders. Wie auch immer, auf Sizilien gab es zu diesem Zeitpunkt keine beruflichen Aussichten für mich, also entschied ich mich wieder in Deutschland zu leben. Es war eine Entscheidung die dazu führte das ich 2003 meinen Sizilien Blog www.sizilien-etna.de und meinen Reiseführer www.italien-inseln.de  ins Leben rief. Zum einen wollte ich dort meine Fotos zeigen die in diesen 2 Jahren auf Sizilien entstanden sind und zum anderen wollte ich aufklären. Über Sizilien wurde zu dieser Zeit eher negativ als positiv berichtet, wieso berichtete niemand von der umwerfenden Schönheit, der Gastfreundlichkeit, der grandiosen sizilianischen Küche…. Das wollte ich ändern, das war das erste Mal in meinem Leben das ich mich selbst als Sizilianer definiert habe, fast schon eine Geburtsstunde, ich wusste nun was Sizilien war und das meiner geliebten Insel ein großes Unrecht angetan wird durch Pauschalisierung und dem permanenten Gerede über die Mafia. Von da an wollte ich nicht mehr der Italiener sein sondern ich wurde mit einer klaren Absicht zum Sizilianer, zum stolzen Sizilianer der seine Insel und die Wurzeln seiner Vorfahren kennengelernt hatte.

Zu dieser Zeit, es war 2003, gab es noch kein Facebook, Twitter, Youtube oder Wikipedia, die alles wissende online Enzyklopädie startete erst Ende 2003 und in deutscher Sprache wurde Wikipedia erst ab 2006 populär. Wer Wikipedia heute kennt ahnt nicht wie es am Anfang dort zuging, meine Inhalte über Sizilien wurden reihenweise kopiert und dort publiziert, von Menschen die ich weder kannte noch meine Erlaubnis dazu hatten. Es war wie im wilden Westen, jeder machte was er wollte, und selbst namenhafte Reiseführer kopierten meine Texte und gaben diese für die ihrigen aus. Der Deutsche in mir forderte die Löschung meiner Inhalte die unrechtmäßig dort reingestellt worden, auf Recht und Ordnung pochend verteidigte ich mich. Der Sizilianer in mir ließ sich davon nicht von seiner Leidenschaft abhalten und folgte seinem Weg weiter über die positiven Seiten Siziliens zu berichten. 

Meine Verbissenheit zahlte sich aus, ab 2008 wurden meine diversen Internet Projekte von über 2 Millionen Menschen im Jahr aufgerufen, bereits in den Jahren von 2003 bis 2008 schaffte ich es aus meiner Leidenschaft einen Beruf zu machen. Das klingt komisch, aber was aus Leidenschaft anfing wurde mit Hilfe von Sponsoren, Werbepartnern und der Suchmaschine Google zu einem richtigen kleinen Unternehmen. Der Tag der Entscheidung war gefallen, Ende 2007 entschied ich mich ab 2008 auf Sizilien zu leben, nicht wie zuvor für ein Jahr oder zwei, nein, es sollte für immer sein. Meinen Beruf würde ich dort nicht suchen müssen, ich hatte ein Standort unabhängiges Unternehmen geschaffen das von überall aus geführt werden konnte dank dem Internetboom. Die Basis für meinen größten Wunsch, auf Sizilien zu leben, war geschaffen.  Zusammen mit meinem Bruder gründeten wir auf Sizilien die Kapitalgesellschaft Italia Turismo Srl, unser Ziel war es dem schwächelnden Tourismus in Italien unter die Arme zu greifen. 

Es lebte sich gut auf Sizilien, ich war endlich zuhause, man nannte mich zwar nach wie vor den Deutschen, erstrecht als ich mich für den Erhalt antiker sizilianischer Mauern aus Lavagestein einsetzte die der damalige Bürgermeister von Pedara für ein Neubaugebiet abreißen wollte. In meinen Augen waren diese Mauern ein Teil meiner Geschichte, sie dienten den Landwirten ihr Land aufzuteilen, mein Opa war ein sizilianischer Steinmetz und einige dieser Mauern wurden von ihm mit Mühe und viel Schweiß hergerichtet bevor er Sizilien verlassen hat, das konnte ich so nicht hinnehmen und ich schaffte es das die Mauern bis heute erhalten geblieben sind.

Als ich politischen Druck ausübte um über 100 Minimüllkippen im Ätna Nationalpark entsorgen zu lassen nannte man mich den sturen Deutschen, dabei war es meine sizilianische Leidenschaft die mich furchtlos für einen sauberen Vulkan kämpfen ließ. Über Interessen, insbesondere der Mafia, dachte ich zu diesem Zeitpunkt nicht nach, es war für mich ein Unding das man in den Griff bekommen sollte.  Endlich auf Sizilien zu sein und zu sehen was die Sizilianer aus Ihrer Insel machen bedrückte mich extrem, ich zweifelte an den Sizilianern und definierte mich mit sizilianischem Herzen und deutschen Kopf. Ich wollte nichts gemein haben mit den Menschen die ihre Insel ruinieren, ausnutzen und beschmutzen. Zum ersten Mal in meinem Leben fühlte ich mich wie ein Deutscher und ich war stolz auf meine sture Einstellung.

Ich kämpfte wo ich nur konnte, sogar in die Politik schaffte ich es in meinem ersten Jahr auf Sizilien, nur so konnte ich weiteren Druck auf die Verantwortlichen ausüben. Meinen Erfolg erntete ich zwei Jahre später als man anfing die Müllkippen im Nationalpark zu entsorgen, gleichzeitig machte ich zum ersten Mal in meinem Leben Bekanntschaft mit der Schattenseite meiner Bemühungen. Man ließ mir ausrichten das ich in Zukunft meine Füße stillhalten sollte, ich wäre der Grund dafür, dass einige bedeutende Menschen viel Geld verlieren würden. Es blieb bei einer Drohung, ich erreichte mein Ziel und damit war dieses Thema vorerst abgeschlossen, aber es sollte nicht meine letzte Begegnung mit der Schattenseite Siziliens bleiben. Ich stand vor einer neuen Aufgabe und verließ die politische Bühne.

Mein Sizilien wollte ich mit anderen teilen, als Gastgeber würde das die Perfektion darstellen, also eröffnete ich 2011 das SizilienResort Bosco Ciancio zusammen mit 2 weiteren Geschäftspartnern, einem Bauingenieur und einem reichen Erben. Das Projekt nahm knapp 10 Jahre zuvor seinen Lauf, nach langen Restaurierungsarbeiten war nun der Tag der Eröffnung gekommen. Das Ex Anwesen des Baron Ciancio lag mitten im Ätna Nationalpark umgeben von 300.000 m² Privatgrundstück, ein echtes Paradies. Ich war der Chef des Hauses und Gastgeber, als totaler Quereinsteiger wusste ich nicht viel vom effektiven Tourismus in einem Beherbergungsbetrieb, aber ich wusste was die Menschen glücklich machte und ich wusste verdammt viel über Sizilien dank meiner ersten zwei Jahre von 2001 bis 2003.  Ich schaffte es in wenigen Monaten dank meiner Webseiten das Anwesen mit 25 Zimmern komplett zu füllen. Die Gäste waren sehr zufrieden und meine Bewertungen auf Booking oder Tripadvisor lagen alle im obersten Punktebereich. Ich schuf Arbeitsplätze in meinem Anwesen und brachte Wohlstand in die Kassen jener die mit mir zusammenarbeiteten und mich belieferten. In der Ortschaft Biancavilla und Adrano wurde ich schnell bekannt wie ein bunter Hund, die meisten feierten mich regelrecht und ich erhielt Lob von allen Seiten für meinen Einsatz, endlich war ich wieder der Sizilianer, mit ganzem Herzen bei der Sache.

Noch im selben Jahr gab es weitere Überraschungen, dank des Internetzeitalters kontaktierte mich meine alte Jugendliebe aus meinen Teenagerjahren. Die Freude war groß und wir wurden nach über 20 Jahren wieder ein Pärchen. Klingt wie in einem Märchen, ich erreichte meine größten Ziele die ich mir bis dahin gesetzt hatte und auch mit der Liebe funktionierte es blendend. Ich wollte wie es sich für einen richtigen Sizilianer gehört eine Familie gründen, das war mein neues großes Ziel, die gute Nachricht das ich Vater werden würde ließ nicht lange auf sich warten. Alles war perfekt und doch war es in gewisser Hinsicht der Anfang vom Ende. Im Folgejahr 2012 wurde ich Vater einer bezaubernden Tochter die so wie ich in Deutschland geboren wurde. Im April eröffnete ich wieder den Bosco Ciancio und wir lebten als kleine Familie im Resort. Schnell wurde mir klar, dass dies so nicht funktionieren würde, ich konnte nicht 16 Stunden am Tag den perfekten Gastgeber abliefern ohne dabei meine Familie zu vernachlässigen. Ich beschloss schweren Herzens meinen Traum für die Liebe und die Familie aufzugeben, das hätte sicher jeder Sizilianer so gemacht, unsere Familie ist das heiligste, kein Job und kein Geld der Welt ist wichtiger.

Gegen Ende der Saison 2012 erhielt ich Besuch, ein großer dunkler Mercedes hielt direkt vor meinem Tor, 3 Personen stiegen aus und bewegten sich in Richtung Rezeption. Als mein Kellner die drei erblickte lief er an mir vorbei, rief den Koch und versteckte sich im Keller. Wahnsinn dachte ich mir, wer mag das wohl sein der mich da besuchen kommt. Ich ahnte böses und als die drei Gestalten vor mir standen wusste ich wer mich besuchen gekommen ist. Der Mann in der Mitte wurde in der Gegend als Papst bezeichnet, eine Narbe von der rechten Schläfe über das Auge bis zur Nase zierte sein Gesicht. Man hatte mir gesagt das er der Boss dieser Zone sei und das er irgendwann kommen würde um seinen Anteil zu fordern. Mir lief es eiskalt den Rücken runter kann ich euch gestehen, aber ich war viel zu neugierig zu erfahren was er von mir will als dass ich ihm meine Angst hätte offenbaren können. Er kannte meinen Namen, den meines Vaters und auch von meinem Opa wusste er, er wusste wer mir das Wasser bringt, wer mir den Käse verkauft, einfach alles schien er zu wissen. Nach seiner Wissensdemonstration fragte er mich ob ich denn wissen würde wer er sei, ich antwortete mit einem ja und sagte ihm das ich denken würde das er der sogenannte Papst sei, aber anstatt es zu bestätigen oder zu verneinen fing er bereits ein neues Gesprächsthema an. Diesmal ging es komischer Weise um sizilianische Kultur, wir redeten über sizilianische Karren, über Kulturdenkmäler, über die Insel und ihre Schönheiten. Ehrlich gesagt vergas ich einen Moment lang sogar wen ich dort vor mir hatte, er wusste viel, wir verstanden uns prächtig, endlich ein Sizilianer der mir aus der Seele redet dachte ich und in diesem Moment verabschiedete er sich mit den Worten wir werden uns bald wiedersehen. Mein Kellner und auch der Koch näherten sich mit ängstlichem Blick nachdem er mit seinem Mercedes wieder vom Grundstück gefahren war. So feige Hunde dachte ich mir, haben mich einfach alleine dastehen lassen um sich im Keller zu verstecken, kein Wunder das die Mafia niemals gestorben ist und nach wie vor im Untergrund und auch in vielen legalen Bereichen die Fäden zieht. Bis zu diesem Tag hielt ich die Mafia für zerstört, geschwächt und eigentlich nicht existent, ich war jahrelang als Unternehmer auf Sizilien tätig und hatte nie einen direkten Kontakt mit einem aus dieser Zunft. Es war an der Zeit umzudenken, die Mafia war präsent, der Papst, der eigentlich laut Gerüchten inhaftiert sein sollte, stand noch vor wenigen Minuten vor meiner Nase. Wow dachte ich mir, so schlimm war das jetzt nicht, aber ein Grund mehr um meinen Traum vom Bosco Ciancio aufzugeben. In 2 Wochen ist deine erste Rate fällig, sagte der Kellner, ab dann werden die regelmäßig kommen, ganz sicher, das sei bei vielen anderen wo er zuvor gearbeitet hat bereits so gewesen. Na toll, hart arbeiten und dann noch etwas davon abgeben an jemanden der nicht für mich arbeitet, das ist kein gutes Geschäft. 

Die Tage vergingen, mit einem mulmigen Gefühl wartete ich nur auf den Tag an dem der Papst erneut erscheinen würde. Sizilianer die den eigenen Landsleuten das hart verdiente Geld ohne Skrupel aus der Tasche ziehen, sollte das die Realität sein? In vielen Fällen soll das gang und gebe sein, Schuld haben die Sizilianer selbst, die verstecken sich lieber im Keller als gegen diese Form der Unterdrückung zu kämpfen. Für mich stand eins fest, wenn der nochmal kommt und Geld von mir verlangt dann mach ich mein Anwesen sofort dicht und der sieht keinen Cent von mir. Es vergingen keine zwei Wochen da fuhr der schwarze Mercedes wieder vor den Haupteingang, erneut stiegen drei Personen aus, er in der Mitte und links sowie rechts zwei starke Kerle mit Hemden bekleidet. Es war keine Kunst die Pistolen unter den Hemden als solche zu erkennen, die hatten nichts zu verstecken. Die zwei Gorillas blieben diesmal vor der Tür stehen und nur der Papst trat vor mir, er begrüßte mich höflich und ich grüßte mindestens genauso höflich zurück. Dann legte er seine Hand auf meine Schulter und sagte „Giovanello, du bist ein guter Junge, ich bin gekommen um mich von dir zu verabschieden, du hast meinen Respekt verdient und bist hier immer herzlich willkommen“ dann klopfte er mir mit der Hand zwei Mal leicht auf die Wange und verschwand wieder.  Mir viel ehrlich gesagt ein ganzes Gebirge und kein Stein vom Herzen, was sollte ich von diesem Menschen halten, ich bin mir selbst heute nach fast vier Jahren noch nicht darüber im Klaren. Ich wurde weder erpresst oder bedroht, ich musste kein Schutzgeld zahlen und der Boss des sogenannten Dreiecks des Todes klopfte mir auf die Schulter um sich von mir zu verabschieden. Die Saison ging weiter und ich konnte meine Gäste bis zum letzten Tag beherbergen ohne das ich frühzeitig die Tore schließen musste.  

Ende 2013 verließ ich Sizilien nach 5 Jahren mit einem lachenden und einem tränenden Auge, ich wollte meiner Frau und auch meinem Kind kein Leben in Angst zumuten, die sprachlichen Barrieren und die Tatsache das sie ihre ganze Familie in Deutschland hatte ließen es zu das ich mich gegen Sizilien und für meine Familie entschied. Das erste Jahr auf deutschem Boden war schön, ich konnte mir 24 Stunden am Tag Zeit für meine kleine Tochter nehmen, es war großartig, ich bereute nicht einen Tag Sizilien verlassen zu haben. Doch im zweiten Jahr fühlte ich mich manchmal wie ein Verräter, ich habe das Land und die Menschen verlassen denen ich helfen wollte.  Den Sizilianer in mir definierte ich fortan mit dem gedeihen meiner Familie, ich wurde zum zweiten Mal Papa, wieder eine Tochter. Beide sind gesund und entwickeln sich prächtig, ich habe also alles richtiggemacht und auch wenn ich etwas aufgeben musste habe ich um ein Vielfaches dazu gewonnen. Im letzten Jahr habe ich viel an mir gezweifelt, ich vermisse Sizilien sehr und denke immer wieder daran wie es wohl wäre mit meiner kleinen Familie dort zu leben. Den Mut erneut aufzubrechen wie ich es schon zwei Mal gemacht habe finde ich derzeit allerdings nicht, die Große geht in den Kindergarten und hat bereits Freundschaften, die Kleine wird Ende des Jahres auch in den Kindergarten kommen, ich fühle mich ein wenig wie gefangen, als ich alleine war konnte ich von heute auf morgen entscheiden und nun zögere ich mit den Pflichten eines Vaters.

Auf Sizilien wurde ich der Deutsche genannt und ich habe mich oftmals auch so gefühlt als ich nicht verstehen konnte warum die Sizilianer sich als stolze Sizilianer geben, aber gleichzeitig so wenig für den Erhalt der Schönheit auf dieser Insel unternehmen. Als ich wieder in Deutschland lebte fühlte ich mich wieder wie der Sizilianer, weil man mich hier dazu macht und weil ich nicht begreifen kann wie eine autonome Region so wenig von ihrer Autonomie Gebrauch machen kann.

Ich habe mich auf die Suche nach meinen Wurzeln begeben und konnte Sie finden, die wichtigste Erkenntnis aus dieser Geschichte ist allerdings, dass ich nun weiß wo ich zuhause bin, mein Zuhause ist da wo meine Familie ist, da wo meine Kinder, wenn ich von der Arbeit komme, mir um die Arme fallen und Papa Papa rufen. Das kann auf Sizilien oder sonst wo auf der Welt sein, wichtig ist nur das ich da bin wo die Menschen sind die ich liebe.


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10 Kommentare:

  1. Lieber Giovanni. Danke. Danke für diesen treffenden Beitrag. Ich dachte ich sei der Einzige der so fühlt und denkt. Irgendwann habe ich es aufgegeben mich darüber zu ärgern, dass viele meiner "paesani" unsere Kultur auch von hier aus schlecht redeten und aus Demut oder sonstwas den Deutschen und in meinem Fall Schweizern Recht gaben, wenn diese wieder mal über die Sizilianer schlecht redeten. Danke und un abbraccio. Luciano

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    1. Ciao Luciano, ich habe dir zu danken das du dir die Zeit genommen hast meinen Beitrag zu lesen. Dieser Artikel lag wie ein Stein auf meinem Herzen, als ich angefangen habe ihn zu schreiben habe ich an alle Sizilianer gedacht die so wie ich im Exil leben, ich ahnte nicht das ich so enormen Zuspruch erhalten würde, insbesondere auf meiner Facebookseite haben sich so viele zu Wort gemeldet das ich wirklich emotional bewegt bin über den Zuspruch den ich erhalten habe.
      Nach 12 Stunden wurde der Artikel über 12000 mal gelesen, https://www.facebook.com/sizilien.blogger/posts/936213809798556?comment_id=936678616418742&notif_t=share_comment
      Keiner von uns ist alleine, wir teilen unsere Geschichte mit vielen anderen die so wie wir nicht auf Sizilien leben aber unsere Insel immer im Herzen bei uns haben. Un abbraccio, Giovanni

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  2. Ho letto il suo racconto WIE DER ITALIENER ZUM SIZILIANER WURDE ,e mi sono medesimato in lei , ho vissuto per 25 anni in Germania e da 12 anni vivo con la mia famiglia in Sicilia a Catania e per loro i miei parenti e Amici sono sempre il (TEDESCO) , le debbo fare dei complimentidi di vero cuore , lei ha avuto tanto ma tanto CORAGGIO , in tutti i sensi a vicere in Sicilia e per come ha saputo realizzare certe cose . Ancora le auguro tanta felicità in Germania e senza dimenticarsi della SICILIA , e chissà che qualche volta non prenderemo insieme un bel caffè , con una bella Granita in VIA
    Etnea la saluto

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    1. Caro Tonino, grazie mille per le tue parole di sostegno, anche se ci chiamano il tedesco, in fine siamo più siciliani di tanti che lo dicono. Non mi dimentico mai della Sicilia, tutta la mia vita si gira intorno a questa isola, non vedo l’ora di vivere qualche giorno in pace alle pendici dell’Etna come lo ho fatto per 7 anni della mia vita. Se ci incontriamo qualche giorno in via Etnea per una granita sarebbe tutto un piacere mio di cuore. Carissimi saluti, Giovanni.

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  3. Lieber Giovanni, ich erinnere mich noch sehr gut als wir uns kennengelernten. Ich muss jedesmal an Dich denken wenn ich in die Azienda agricola gehe um mir Fleisch zu kaufen. Wir haben ab und zu unsere Ideen auf fb ausgetauscht. Auch wenn wir uns nicht sehr oft getroffen haben hatte ich doch einen Verbündeten hier im Ort. Irgendwie fühle ich mich jetzt alleine als " Deutsche " hier. In der Hoffnung dass sich EINIGES ändern wird warten wir dass der blauäugige Deutsche wiederkommt. Bis dahin...wünsche ich Dir und Deiner Familie Alles Gute !


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    1. Hallo Antje, ich kann dich gut verstehen, am Anfang als ich meinen Kampf in Pedara gegen Windmühlen geführt habe fühlte ich mich auch alleine, dann habe ich Franz und Zora kennengelernt, dich, die Jutta und so viel mir mein Kampf immer leichter, ich wusste das viele so denken wie ich, das viele sich das Sizilien herbeisehen wie ich es in meinen Träumen sehe. Auch wenn wir nicht so oft miteinander zu tun hatten gehörst du zu den Menschen die ich während meiner Zeit auf Sizilien in höchstem Maße geschätzt habe. Deine kreative Ader, deine Naturverbundenheit und deine Rechtschaffenheit verbinden uns, denn diese Eigenschafften sind auch ein Teil von mir. Ich habe mein Kampf nicht aufgegeben, ich befinde mich derzeit nur in der größten Aufgabe meines Lebens, meine Töchter durchs Leben zu begleiten und dafür zu sorgen das sie es guthaben werden. Ich werde wiederkommen, versprochen, mit einem reiferen Geist und noch mehr Unterstützung werde ich versuchen viel mehr auf Sizilien zu bewegen als ich es in meinen letzten 5 Jahren gemacht habe. Eine herzliche virtuelle Umarmung, dein Giovanni.

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  4. soooo schön!!! So wahr. Complimenti. un abbraccio. Weiter sooooooooo. :)

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  5. hallöchen giovanni,

    wie gut ich dich verstehe... ich bin deutsch/österreicherin und mein herz ist nicht mit mir nach germany zurückgekommen sondern schlicht weg und einfach in sicilia geblieben. wie ich diese insel und die menschen liebe in allen facetten.

    es ist unendlich schwer...

    ciao ciao
    un abbriaccio collectivo
    heli

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    1. Ciao Heli, mir ist und wird es in Zukunft noch schwer fallen, aber danke für deinen liebenswerten Kommentar hier im Blog. Liebe Grüße, Giovanni

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